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SERIE 10

Café & Konditorei »Zum Damenpfad«

Als vor genau hundertundzehn Jahren die Bäckerei Folkers am Damenpfad eröffnete, betrat als erste Kundin die sechsjährige Frieda Jürgens vom Kaiserhof den Laden. »Wenn die erste Kundin ein Kind ist, so bringt das immer Glück«, hieß es damals. Und tatsächlich wird das »Haus zum Damenpfad« heute in der dritten Generation der Familie Folkers von Erika Harbodt betrieben.

MOIN NR. 5 · 2021​

Zur Eröffnung 1911 bestand dabei ein nicht geringes wirtschaftliches Risiko für den Bäcker Adolf und seine Frau Käthe Folkers. Im kleinen Dorf Wangerooge gab es mit Bolte, Folkerts (mit »t«, dem heutigen Café Pudding und Kuchenladen) und Ahmels (Zur Börse) bereits eingesessene Bäckereien.

Wangerooge war ein prosperierendes Seebad und die Geschäfte liefen gut an. Aber nur drei Jahre nach der Eröffnung begann die Mobilmachung zum 1. Weltkrieg, und die meisten Männer der Insel wurden zum Militär eingezogen. Nur die Bäcker natürlich nicht, denn die Verpflegung der Truppen war von großer vaterländischer Bedeutung. Offensichtlich florierte auch der Brotverkauf ans Militär, denn schon wenige Jahre nach Kriegsende wurde das Geschäft erweitert. In dem neu errichteten mehrgeschossigen Anbau wurden ab 1922 Konditoreiwaren hergestellt und das Ladenlokal um ein Café erweitert – das »Café zum Damenpfad«.

Bereits 1927 starb Bäcker Folkers. Seine Witwe Käthe führte das Unternehmen, zu dem auch einige Fremdenzimmer gehörten, gemeinsam mit ihrem Sohn Erich weiter, der das Handwerk von der Pike auf in Bremen gelernt hatte.

In den späten 1930er Jahren begann wieder die entsetzliche Zeit des Kriegstreibens und des Kommissbrots. Aber auch mit dem Militär ließ sich für einige Jahre ein gutes Einkommen erzielen – bis Wangerooge schließlich in Trümmern lag.

Als nach dem Wiederaufbau des Dorfes die ersten Gäste zurück nach Wangerooge kamen, war das Hotel »Kaiserhof« die feinste Adresse an der Strandpromenade. Dreimal täglich mussten Folkers ganz pünktlich Essen über die Peterstraße ins Hotel liefern: Pasteten, Würstchen im Schlafrock, eben alles, was in der Bäckerei hergestellt wurde. »Mit Theo und später mit Immo Jürgens haben wir immer einträglich zusammen gearbeitet«, erinnert sich Erika Harbodt noch. »Auch in viele private Haushalte lieferten wir damals jeden Morgen Brötchen, sogar bis ins Westdorf. Das klappte gut, denn wer nicht bezahlen wollte, konnte der Familie eben am nächsten Tag keine Brötchen mehr zum Frühstück vorsetzen.« 

Die neuesten Maschinen wurden in der Bäckerei angeschafft, eine halbautomatische Teig-Mischmaschine, ein Brot-Laufband und die gar nicht so einfach zu bedienende Eismaschine. Viele Insulaner erinnern sich noch gerne an das leckere hausgemachte Eis, das sie als Kinder im Café zum Damenpfad kaufen durften.

Als 1969 Oma Käthe Folkers starb, übernahmen ihre Enkelin Erika und deren Mann Gerd Harbodt das Haus. Sie hatten zwei Jahre zuvor geheiratet und standen nun vor der Frage, wie die Zukunft des Hauses aussehen sollte. Vieles war im Umbruch – nicht nur auf der Insel musste man sich auf die neue Zeit einstellen. In den Läden gab es Bäckereiwaren zum Aufbacken zu kaufen, und die Personalkosten stiegen kontinuierlich. Nach der Saison 1971 schlossen Harbodts das Café, ein Jahr später die Konditorei. 1973 wurde das Haus umgebaut in eine Frühstückspension mit Gästezimmern und -appartements. In der Hauptsaison fragte auch das Hotel Kaiserhof häufig an, ob bei ihnen wohl noch Platz sei, damit sie keine Anfragen ablehnen mussten.

Nach wie vor werden im »Haus zum Damenpfad« Gäste von Erika Harbodt beherbergt. »Vieles ist durch technische Hilfsmittel einfacher geworden«, sagt sie, »wenn ich beim Einkaufen bin und ein Gast klingelt an der Pensionstür, kann ich über mein Telefon mit ihm sprechen.« Das Wichtigste ist und bleibt aber der persönliche Kontakt zu den Gästen. »Ich habe in den letzten fünfzig Jahren so viele nette Erlebnisse mit meinen Gästen gehabt – wenn ich jetzt davon anfange zu erzählen, dann sitzen wir morgen noch hier und ich kann gar kein Frühstück servieren.« Und schon ist Frau Harbodt mit der großen Kaffeekanne im Frühstücksraum verschwunden.

TEXT: AXEL STUPPY

FOTOS: PRIVAT

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