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KULTUR & KIRCHE

JAN JANSSENS PREMIEREN-PREDIGT

Mitte Dezember 2021 betrat er die Insel, begrüßte am Tag darauf die Wangerooger Senioren beim festlichen Jahresabschluss im »Friesenjung« und beeindruckte am 19. Dezember 2021 die evangelische Gemeinde mit seiner Permieren-Predigt in der Nikolai-Kirche.

MOIN NR. 1 · 2022

Jan Janssen ist angekommen. Auf der Insel. In der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde. In der 111 Jahre alten Nikolai-Kirche.

Am 19. Juni 1910 wurde das Gotteshaus eingeweiht. Und am 20. Juni 2010, also hundert Jahre und einen Tag später, fand ein Festgottesdienst statt, zu dem auch der Bischof der Oldenburgischen Landeskirche, Jan Janssen sein Kommen angesagt hatte, und bei dem die Wangerooger Kantorei, der Posaunenchor und der von Pfarrer Günther Raschen derzeit geleitete Gospelchor für die muskialische Gestaltung sorgten. So berichtete die MOIN.

Damals war der neue Wangerooger Pfarrer noch Bischof von Oldenburg. Heute lebt er auf der Insel. Als Nachfolger des verstorbenen Günter Raschen, der nach 23 Jahren seinen Abschied von seinem »Blauen Kloster« angekündigt hatte. Jan Janssens bewegtes Leben setzte sich vor vier Jahren mit seiner überraschenden Erklärung fort, dass er als Bischof mit sofortiger Wirkung von seinem Amt zurücktreten würde.

Ein Aufschrei ging durch die Kirche. Folge: Der Gemeinsame Kirchenausschuss beauftragte »Pfarrer Jan Janssen« jedoch noch mit der kommissarischen Wahrnehmung der Aufgaben des Bischofs bis zum 31. Januar 2018. Die 48. Synode hielt im Januar 2018 anlässlich des Rücktritts eine Sondertagung ab, aus der der Oberkirchenrat in einem Prüfauftrag gebeten wurde, bis zum Jahre 2023 eine Gesetzesvorlage vorzubereiten, die grundsätzlich zu der Berufung ins Bischofsamt auf Lebenszeit Aussagen trifft.

Janssen hatte wiederholt im Zusammenhang mit seinem Rücktritt die Begrenzung der Amtszeit des Bischofs gefordert und wurde am 18. Februar 2018 durch Kirchenpräsident Volker Jung als Beauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland in den einstweiligen Ruhestand verabschiedet.

Übrigens sprach der niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne damals ein Grußwort und unterstrich damit die auch gesellschaftspolitische Bedeutung des Wirkens von Janssen in seiner Bischofszeit. Der wohl bekannteste Oldenburger Theologe seit Rudolf Bultmann hatte sich vor allem als unbequemer Kritiker von gesellschaftlichen Fehlentwicklungen einen Namen weit über Oldenburg hinaus gemacht.

SEEMANNSPASTOR

So warnte Janssen auch in seiner Predigt im Abschiedsgottesdienst vor Phantasien zur absoluten Weltherrschaft. Nicht nur in Oldenburg wartete man gespannt darauf, wie es mit Janssen weitergehen würde. Er übernahm im Herbst 2018 als Pastor die Leitung der Station Rotterdam der Deutschen Seemannsmission und wurde dann am 6. September 2021 vom Gemeinderat der Kirchengemeinde Wangerooge mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit zum neuen Seelsorger gewählt.

Auf eine bewegte Geschichte kann die Nikolai-Kirche (benannt nach dem Schutzpatron der Seefahrer, St.Nikolaus) zurück blicken. Nachdem die Sturmfluten zum Jahreswechsel 1854/55 ihr Zerstörungswerk verrichtet hatten und das Westdorf und mit ihm auch die Kirche aufgegeben werden musste, gab es auf der Insel viele Jahre überhaupt keine Kirche für die wenigen noch verbliebenen Insulaner. Erst Ende 1860 begann man mit dem Bau eines neuen Dorfes rund um den »alten Leuchttrum« im Osten, und 1863 war die Umsiedlung ins neue Dorf beschlossen und in Angriff genommen. Der Auftakt für eine Neubesiedlung mit ständig wachsener Einwohnerzahl, mit der auch die Pläne für den Bau einer neuen Kirche reiften.

Einen Pastor gab es schon seit 1895, und am 10. Oktober 1909 wurde der letzte Gotttesdienst in einer nur 55 Gläubige fassenden Kapelle gefeiert, ehe zwei Tge später mit dem Abbruch des »Provisoriums« begonnen wurde.

Es mutet geradezu unglaublich an, dass schon zweieinhalb Monate nach der Grundsteinlegung am 7. Dezember 1909, nämlich am 21. Februar 1910 schon das Richtfest für die neue Kirche gefeiert werden konnte. Ohne die heutigen technischen Mittel ging es mit Fleiß, Muskelkraft und Geschick dennoch zügig voran, so dass am 19. Juni 1910 die festliche Einweihung der heutigen Nikolai-Kirche begangen werden konnte.

Einer glücklichen höheren Fügung verdankt das Wangerooger Gotteshaus sicherlich, dass es den 1. und vor allem den 2. Weltkrieg mit seinem verheerenden Angriff auf die Insel nahezu schadlos überstanden hat.

Allerdings waren es die Druckwellen des infernalischen Bombardements als innerhalb einer halben Stunde 6000 Bomben auf das kleine Eiland, die »Festung Wangerooge«, geworfen wurden, die die Fenster zerstörten und das Dach wegfliegen ließen. Schäden, die dank gemeinsamer Anstrengungen und der Kunst des Kirchenmalers Hermann Oetken beseitigt wurden.

Das ist jedoch Vergangenheit. Der Zukunft sehen die engagierten Gemeindemitglieder mit Optimismus und Gottvertrauen entgegen. Und mit einem neuen Sympathieträger namens Jan-Dietrich Janssen, der am 23. April 1963 in Bevensen geboren wurde und auf der Insel einiges bewegen wird.

TEXT: MANFRED OSENBERG

FOTOS: EVELYN GENUIT

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