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Senioren

IST ALT WERDEN AUF WANGEROOGE LEICHTER?

Es ist immer wieder schön, die älteren Inselbewohner an den mit viel Liebe und noch mehr Mühe organisierten Senioren-Nachmittagen zu sehen, wo sie »ihren« Tag genießen. Im Klock-Haus ist dann der Raum wunderbar geschmückt, wie Mitte Oktober beim Herbst-Event mit bunt gedeckten Tischen und selbstgebastelten Drachen an den Fenstern.

MOIN WINTER SPEZIAL 2020

Der Augenschmaus wird abgelöst vom zünftigen Kaffee- und Tortengenuss – nur vom Feinsten. Und anschließend wird gesungen und geklönt. Kaffeeklatsch eben. Versteht sich, dass auch über die eigenen Wehwehchen geredet wird. Oder über die Zukunft. Zum Beispiel über die Frage: Wie wäre es, 100 Jahre alt zu werden?

Klingt gut, aber nicht wahrscheinlich? So unwahrscheinlich ist das gar nicht – zumindest für jene, die heute noch jung sind. Laut einer Berechnung des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung in Rostock, wird von allen Kindern, die 2019 geboren wurden, mehr als jedes dritte Mädchen und rund jeder zehnte Junge seinen 100. Geburtstag feiern. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland lag den Daten des Statistischen Bundesamts zufolge im November 2019 für neugeborene Mädchen bei 83,3 Jahren und für Jungen bei 78,5 ­Jahren.

Alt werden ist also gar nicht mehr so schwer. Der Medizin sei Dank: Die allermeisten Krankheiten lassen sich mittlerweile behandeln oder zumindest wirkungsvoll in Schach halten. Noch besser wäre es allerdings, gar nicht erst krank zu werden. Denn gesund alt zu werden ist nicht die Regel, sondern eher die Ausnahme. Das liege auch daran, dass man sich heute mehr darauf konzentriere, Krankheiten zu behandeln, anstatt sie zu verhindern, sagt der Mediziner Dieter Müller: »Das Gesundheitssystem ist so ausgelegt, dass es erst bei Krankheit aktiv wird. Zusätzlich gibt es allenfalls noch ein paar Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten. Wer seine Chancen erhöhen möchte, gesund alt zu werden, sollte nicht warten, bis er krank wird. Er sollte aktiv seine Gesundheit
stärken.«

Dadurch mache man Erkrankungen nicht nur unwahrscheinlicher, sondern fühle sich auch insgesamt vitaler, fitter und leistungsfähiger, erklärt Müller, der in Köln die Tagesklinik Villavita leitet, die sich auf eine ebensolche gesundheitsfördernde Medizin konzentriert.

Doch was genau hält uns gesund? Mit dieser Frage haben sich in der Vergangenheit mehrere zehntausend Studien befasst.

Ob Alzheimerdemenz, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bei vielen Krankheiten beeinflussen auch unsere Gene, wie wahrscheinlich es ist, dass wir einmal erkranken werden. Dagegen können wir zunächst wenig ausrichten. Wir können aber unser Verhalten so anpassen, dass es nicht noch zusätzlich auf das Erkrankungsrisiko einzahlt. Weiß jemand etwa um ein genetisch erhöhtes Risiko für eine Arterienverkalkung – zum Beispiel, weil entsprechende Probleme in der Familie bekannt sind –, könnte die betreffende Person sich dazu entscheiden, ihre Arterien durch eine ausgewogene Ernährung, viel Bewegung und den Verzicht auf Zigaretten so wenig zu belasten wie möglich.

Neben all dem, was unserer Gesundheit guttut und die Chancen erhöht, bis ins hohe Alter einigermaßen fit und gesund zu bleiben, gibt es auch Dinge, die nachweislich eher schaden. So zeigen Studien etwa, dass Männer, die pro Tag zwischen 10 und 20 Zigaretten rauchen, im statistischen Durchschnitt mehr als zwei Lebensjahre verlieren. Personen, die mehr als 30 Zigaretten am Tag rauchen, leben im Schnitt sogar mehr als acht Jahre kürzer. Und wer täglich durchschnittlich ein Glas Wein (0,25 Liter) trinkt, dessen Lebenserwartung sinkt um ein bis zwei Jahre.

UND DIE SONNE IM WINTER

Neben typisch ungesunden Genussmitteln wie Alkohol und Zigaretten beschleunigt aber auch Sonnenlicht das Altern: »Hier gibt es einen doppelten Effekt. Wer übermäßig viel Sonnenlicht ausgesetzt ist, der wird Studien zufolge als älter eingeschätzt. Gleichzeitig ist die tatsächliche Lebenserwartung leicht verringert«, sagt Englert. Im Schatten leben muss deshalb aber niemand. Der Körper brauche sogar eine gewisse Dosis an Sonnenlicht, um Stoffe wie Vitamin D zu produzieren und gesundheitsfördernde Botenstoffe freizusetzen, erklärt der Experte. 15 Minuten direkte Sonne am Tag darf man sich also auch im Sommer gerne gönnen. Im Winter sollte es im Idealfall sogar mindestens eine Stunde täglich sein.

Immerhin setzt die mediterrane Ernährung aber auf viele Lebensmittel, die eine potenziell gesundheitsfördernde Wirkung haben – und ist zudem im Vergleich zu anderen Ernährungstrends eben verhältnismäßig abwechslungsreich. So enthält Fisch viele gesunde Inhaltsstoffe, allen voran die berühmten Omega-3-Fettsäuren, die unter anderem den Blutdruck und das Arterioskleroserisiko senken können. Gemüse hat wenige Kohlenhydrate und viele Ballaststoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, wichtige Spurenelemente und Vitamine. Und auch Obst enthält – in Maßen konsumiert – zahllose wichtige Nährstoffe, vor allem Vitamine. Im Olivenöl sind vor allem die ungesättigten Fettsäuren erwähnenswert, die einen gesunden Cholesterinspiegel fördern.

Das zweite Prinzip, auf das Ernährungswissenschaftler setzen, nennt sich »Hara hachi bu«. Die japanische Redewendung stammt von der Insel Okinawa, wo die Menschen besonders alt werden, und bedeutet so viel wie »den Magen nur zu 80 Prozent füllen«. Das wirkt nicht nur Übergewicht entgegen: Weniger zu essen – abseits vom Hungern – kann laut Studien das Risiko für zahlreiche Krankheiten senken und das Leben insgesamt verlängern. Für viel Aufsehen sorgten etwa die Versuche des Medizinprofessors Richard Weindruch von der Universität Wisconsin in Madison mit Rhesusaffen. Er beobachtete über Jahre hinweg 38 Rhesusaffen, die weniger als üblich zu essen bekamen, mit 38 Tieren, die normal gefüttert wurden. In der Normalkost-Gruppe waren nach einigen Jahren doppelt so viele Tiere an Alterserkrankungen gestorben wie in der Gruppe der Affen, die 30 Prozent weniger Kalorien bekamen. Außerdem hat von den Affen auf Diät kein einziger Diabetes bekommen – bei den normal gefütterten Tieren erkrankten rund 40 Prozent im Lauf der Jahre. Ob sich bei Menschen ein ähnlich ausgeprägter Effekt zeigt, ist allerdings noch unklar.

Weniger Stress, mehr bewegen, moderat und ausgewogen essen: Das klingt gut und gesund – aber für manch einen vielleicht auch ziemlich anstrengend. Und wäre es nicht schade, auf all das zu verzichten: den duftenden Kuchen am Nachmittag, das Knabberzeug am Abend, sich mal so richtig den Bauch vollzuschlagen?

Es wäre schade – und wahrscheinlich auch kaum durchzuhalten. Bekannte Mediziner raten deshalb, einen Schweinetag in der Woche einzurichten: »Einen Tag in der Woche sollte man essen können, was und so viel man will. Und das dann auch guten Gewissens tun und genießen.« Dieter Müller weiß aus eigener Erfahrung, dass die Strategie funktionieren kann: »Meine Schwachstelle ist Kuchen. Ich fahre jeden Tag auf dem Weg in die Klinik an einer Bäckerei vorbei mit tollen Kuchen im Schaufenster. Wenn ich ganz darauf verzichten würde, dann würde mich der Anblick traurig machen. So aber denke ich mit Vorfreude daran, dass ich in drei Tagen wieder ein Stück kaufen und essen kann. Weil ich mich die übrigen sechs Tage zurückgehalten habe, was mir übrigens deshalb nicht schwerfällt.«

Die Wangerooger Seniorinnen (sind in der Mehrzahl) und Senioren genießen die vom »Friesenjung« gespendeten Torten und Kuchen und kommen sehr gerne zu ihren Nachmittagen. Die Initiatoren Renate Zerhusen und Helge Biethahn erfreuen sich mit ihren fleißigen Helferinnen an den strahlenden Augen der älteren Insulaner, von denen gleich sechs in den nächsten Monaten ihren 90. Geburtstag feiern.

Hoffentlich in bester Gesundheit! 

 

In diesem Jahr fällt das Weihnachts-Cafe wegen der Sicherheitsbestimmungen leider aus. Stattdessen werden alle Seniorinnen und Senioren besucht und beschenkt. Der jetzt offiziell von der Gemeinde anerkannte Seniorenbeirat ist seit Wochen mit der Vorbereitung der Bescherung beschäftigt und hat ein Spendenkonto eingerichtet: Fördergesellschaft des Lionclub Wangerooge eV.; Volksbank Jever; DE65 282622546081450007; Verwendungszweck: Senioren

Text: MANFRED OSENBERG

Foto: Renate Zerhusen

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