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WASSERSPORT

MÜSSEN WIR NOCH MEHR FÜR UNSERE INSELKINDER TUN?

Der Ferienspaß in den Sommerferien gehört auf Wangerooge zur regelmäßigen Nachwuchsförderung. Auch die Jugendfeuerwehr, Pfadfinder und der Fußballklub zum Beispiel haben ein offenes Ohr für die Jungen und Mädchen. Aber – kommt ausgerechnet der Wassersport zu kurz?

MOIN NR. 4 · 2021​

Der frühere Rettungsschwimmer Otto Oldenburg unterrichtet Sylter Inselkinder im Umgang mit dem Meer und bringt ihnen das Wellenreiten bei. Zudem blickt Otto auf eine langjährige Wangerooger Vergangenheit zurück. Gerne sogar.

»Das ist ja Otto – bei dem habe ich doch früher Schwimmen gelernt!« Viele Insulaner und vornehmlich ältere Wangerooger Gäste erinnern sich noch gerne an den stets gut gelaunten Otto Oldenburg. Zehn Jahre lang, von 1969 bis 1978, kam Otto jeden Sommer nach Wangerooge, um vom Badeturm aus als Rettungsschwimmer die Sicherheit der Badegäste zu garantieren. Im Freibad erteilte Otto auch Schwimmunterricht für Anfänger und gab Kraul- und Rückenschwimm-Kurse für die größeren Kinder. Als Mitte der 1970er Jahre die ersten Windsurf-Boards nach Deutschland kamen, war Otto als Wassersportler sofort Feuer und Flamme. »Das war harte Arbeit für uns, jeden Handgriff mussten wir uns selbst beibringen, denn es gab ja noch keine Literatur über das neue Sportgerät«, erinnert er sich an die Anfänge. Dennoch beherrschten er und sein Kollege Volker Teichmann als bald den Ten Cate Windsurfer. Beide gehörten sie zu den ersten Windsurf-Instruktoren an der Nordseeküste.

Als 1978 Detlef Engelmeier die Surfschule Wangerooge eröffnete, waren Otto und Volker natürlich als Windsurflehrer dabei. »Auch meine Begeisterung fürs Wellenreiten habe ich auf Wangerooge entdeckt. Gerade bei Südwestwind hatten wir manchmal klasse Bedingungen mit einem langen, ruhigen Surf«, erinnert sich Otto. Nach Beendigung seines Studiums blieb Otto in seiner neuen Heimat Flensburg und unterrichtete erst an einer Schule, dann an der Pädagogischen Hochschule und später an der Universität angehende Sportlehrer. »Im Sommer bin ich mit meinen Studenten nach Sylt gefahren, wo sie bei mir Schwimmen und Retten lernen konnten, später in der Welle Windsurfen, Wellenreiten und schließlich Stand-Up-Paddling«. Seit dem Ende seines Arbeitslebens verbringt Otto regelmäßig die kalte Jahreszeit im Norden von Fuerteventura. Hier gehört er zu der internationalen Gruppe der überwinternden Surfer, die sich mit all ihrer Lebensfreude und Begeisterung für den Wassersport auch immer wieder für saubere Strände auf der Kanareninsel engagieren.

Wenn Otto Oldenburg im Frühjahr nach Deutschland zurückkehrt, bereitet er sich schon bald auf seinen Sommerjob vor, den er bei der Sylter Südkap-Surfschule in Wenningstedt gefunden hat. »Das sind dort alles total nette Typen, die auch das Gemeinwohl nicht aus den Augen verloren haben«, sagt er über seine Südkap-Kollegen. Damit spricht Otto genau seine dortige Aufgabe an. Vor Beginn der Hauptsaison macht die Surfschule den Inselkindern ein ganz besonderes Angebot, das von dem erfahrenen Päda­gogen geleitet wird: Sie können hier nicht nur kostenlos Wellenreiten lernen, sondern werden auch mit den Gefahren vertraut gemacht, die in der Nordsee lauern. »Nur wer das Risiko kennt, kann auch unbeschwerten Spaß im Meer haben«, erklärt Otto das Konzept. Deshalb gehören zum Kurs auch die Vermittlung von Baderegeln sowie Maßnahmen der Rettung und Wiederbelebung.

Südkap Surfing ist eine der renommierten Sylter Surfschulen. Der Inhaber Christoph Bünger erzählt, dass das Sylter Kids Camp bereits seit 2012 immer in den Wochen vor Beginn der Sommerferien durchgeführt wird. »Sylt und Wasser, das gehört einfach zusammen. Wir sorgen dafür, dass vor den Ferien die Inselkinder mit einem Trainer ins Wasser kommen und fit für den Sommer sind. Und einige von den Kids der ersten Jahre sind richtig gute Surfer geworden, sie arbeiten jetzt am Strand als Surflehrer oder als Rettungsschwimmer«. Nach der Schule werden die Kids am Strand in kleine Gruppen eingeteilt und an die Technik des Wellenreitens herangeführt. Lernen, wie die Leash am Fußgelenk befestigt wird, damit das Brett nicht von den Wellen unkontrolliert an den Strand geworfen wird, wie man die richtige Position auf dem Board findet, um durch die Brandungszone zu paddeln und wie man dann den Schwung für die passende Welle findet. Und nicht zuletzt das Aufsteigen zum echten Wellenritt. »Die Kids sind zwischen 5 bis 11 Jahre alt, wenn sie zu uns kommen«, sagt Otto, »man muss sich nur mal vorstellen, wie lange der Sportunterricht in der Schule jetzt schon ausgefallen ist. Kinder haben einfach einen enormen Bewegungsdrang und müssen sich austoben. Das können sie beim Kids Surfcamp ausgiebig und mit viel Freude«.

Bei ihrem Einsatz für die Inselkinder gibt es aber noch einen weiteren, nicht minder wichtigen Aspekt. »Wir wollen den Kindern Visionen mit auf ihren Lebensweg geben, fernab aller ökonomischen Ziele. Wir vermitteln ihnen den Wert von sozialem Engagement. Ob das später bei der freiwilligen Feuerwehr oder bei der DLRG ausgeübt wird, ist ganz egal. Und das, da bin ich mir ganz sicher, haben die Kids bei uns so nebenbei gelernt«. Diese Erkenntnis darf nicht nur auf Sylt beschränkt bleiben. Sie gilt gleichermaßen für alle Nord- und Ostfriesischen Inseln. Um jungen Leuten auf den Inseln eine dauerhafte Perspektive zu bieten, müssen auch dort Vereine und Schulen dazu stärker beitragen – und einfach mit der Umsetzung beginnen.

Getreu dem Motto: nicht nur reden, sondern handeln. Sonst werden noch mehr junge Leute Wangerooge verlassen.

Text: AXEL STUPPY

FotoS: AXEL STUPPY + PRIVAT

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