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INSELJUNGS

FINNS FINISH ZUR ALM: »ICH BIN EIN HOPPER!«

»Ich bin dann mal weg!« Echte Stadionliebe demonstriert ein Wangerooger, der eigentlich die elterliche Metzgerei übernehmen sollte. »Ich bin eine Mischung aus Ground- und Inselhopper«, sagt Finn Drees (23), als wir ihn bei einem seiner Besuche an der Insel-Arena am Flugplatz treffen. Früher hat er hier selbst gekickt, trug das MOIN-Trikot als Keeper und half auch am Würstchen-Grill oder am Bierwagen aus, wenn »Not am Mann« war.

MOIN NR. 2 · 2020

TuS Wangerooge war und ist aber nicht der einzige Lieblingsklub von Finn Drees. Seit er als ausgelernter Rettungssanitäter in Bielefeld tätig ist, kommt er zwar oft auf seine Insel zurück, ist aber meistens in diversen Bundesligastadien unterwegs. In erster Linie drückt er Zweiliga-Tabellenführer Arminia Bielefeld die Daumen. »Schon als Kind haben mich Wangerooger Gäste mit auf die Alm genommen«, erinnert sich Drees, der aber nicht nur im legendären Stadion der Arminia seinen Stammplatz hat.

Viele Fußballfans folgen ihrem Lieblingsverein, egal wohin. Groundhoppern ist das zu langweilig. Sie sammeln Stadien. Ihr Hobby treibt sie von der beheimateten Kreisliga über die Bundesliga – bis zu exotischen Zielen. Finn fliegt von Wangerooge rüber nach Harle, von dort aus mit der Bahn in den Norden oder Westen. »Ich habe mal in nur fünf Tagen vier Bundesligaspiele besucht, das hat großen Spaß gemacht«, grinst der großgewachsene Mann und klärt auf: »Mittwochs war ich in Dortmund bei der Borussia, wo ich durch meine guten Beziehungen zu einem Wangerooger Gast stets in der VIP-Lounge willkommen bin. Freitags war ich dann bei St. Pauli in Hamburg, samstags beim HSV und am Sonntag habe ich den Heimsieg meiner Bielefelder Arminia angeschaut.«

Jetzt hofft Finn Drees natürlich, dass sein Lieblingsklub mit seinem Lieblingstorjäger und seinem Lieblingsbier in die erste Bundesliga aufsteigt. »Die Jungs und vor allem mein Freund müssen nur noch den Vorpsrung über die Runden bringen«,lächelt der Metzgersohn von Wangerooge.Bielefeld führt die Tabelle, Fabian Klos die Torschützenliste an. Kein Wunder, dass sich Finn das Siegerbier im VIP-Raum schmecken lässt.

Er ist Ground- und Inselhopper. Die Eintrittskarten bekommt er von Leuten, die seit Jahren auf Wangerooge Urlaub machen und in der Metzgerei Drees Kunden waren. Die Metzgerei gibt es nicht mehr. Die Eltern von Finn bewirtschaften seit einem Jahr ein Ferienhaus auf Juist, werden aber durch Finn und die MOIN regelmäßig über das Wangerooger Leben informiert. Genau wie Finns Schwester Sünne, die in München lebt und beruflich erfolgreich ist.

GROSSE LIEBE FUSSBALL

Finn Drees kennt sie alle, die Fußballstadien. Hat der Rettungssanitäter auch noch Zeit für andere Hobbies? »Kaum«, flüstert er, nippt an seinem Bier und gesteht: »Nein. Die Flüge und die Bahnfahrten und vor allem die Bundesligaspiele und die Feiern möchte ich niemals missen.«

Übrigens: Die Idee des Groundhoppings stammt aus England. 1974 machte der Brite Geoff Rose einen Vorschlag: Fans, die alle 92 Stadien der ersten vier englischen Profiligen besucht hätten, sollten eine spezielle Krawatte erhalten, die diese Leistung würdigten. Vier Jahre später wurde der »92 Club« gegründet.

Inzwischen ist Groundhopping internationaler und beispielsweise auch in den Niederlanden, vor allem aber in Deutschland beliebt. Ein international gültiges »Regelwerk« für die Sammelart gibt es nicht. Einige Groundhopper bleiben nur in ihrem Land, viele andere fahren immer wieder ins Ausland und sammeln »Länderpunkte«. Einige beschränken sich auf die obersten Ligen, andere machen da keinen Unterschied. Man sollte zumindest eine Halbzeit bei dem Spiel geblieben sein, bevor man eventuell zum nächsten Ground springt. Auch da gibt es mal strengere, mal weichere Auslegungen. Die Szene ist an sich eher lose organisiert.

BRATWÜRSTE

Ein charmantes Detail sind die Gewohnheiten, die Groundhopper entwickeln. Der eine zähle Zuschauer, der andere stoppe die Zeit, erklärt Jonas Schulte, während er mit dem Anpfiff des Schiedsrichters seinen Timer aktiviert. Wieder andere bewerten die Bratwürste der Stadien nach Qualität und veröffentlichen ein Ranking im Netz.

Auch wenn viele Groundhopper als Einzelgänger unterwegs sind – bei Spielen trifft man sich immer wieder. Über die App »Groundhopper« kann man sich bei den Partien offiziell einchecken und sehen, welche Hobby-Kollegen noch vor Ort sind. So macht man auch neue Bekanntschaften, tauscht sich aus über die letzten Erlebnisse oder plant Fahrgemeinschaften:

Finn ist in dieser Szene ein Außenseiter, fliegt und fährt alleine zu den Spielen. »Aber ich reise immer rechtzeitig an, Damit ich schon vor dem Spiel mit den Machern reden kann, mit BVB-Chef Akki Watzke zum Beispiel in Dortmund.«

Versteht sich, dass er der Borussia im Meisterkampf die Daumen drückt. Aber am meisten fiebert er mit der Arminia beim Aufstiegsrennen.«

Text: Manfred Osenberg

Fotos: Privat

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